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Boden gut machen

Aus den Pflanzenresten, die über das Jahr anfallen, entsteht durch Kompostierung feinster Humus.
Foto: WALA

Die Fruchtbarkeit unserer Böden sinkt von Jahr zu Jahr, während gleichzeitig die aus dem Klimawandel resultierenden Folgen häufiger und heftiger werden. Eine mögliche Lösung: Humus.

Humus – was ist das überhaupt?

Pflanzen nehmen CO2 aus der Luft auf und wandeln es in Zucker bzw. in der Folge in organische Masse um. Durch das Zusammenspiel von Pflanzen und Pflanzenresten mit Bodenlebewesen entsteht dann wertvoller Humus. Hierbei spielt ein gesundes Ökosystem aus Mikroorganismen, Pilzen, Insekten und weiteren Lebewesen eine große Rolle. Wurzeln und Tierausscheidungen, Pflanzenreste und auch abgestorbene Bodenlebewesen werden kontinuierlich verstoffwechselt und im Boden verbaut. Humus ist also die Gesamtheit der abgestorbenen und zersetzten organischen Substanz im Boden. Nur in einem lebendigen, humusreichen Boden können Pflanzen und ihre Früchte optimal gedeihen und reifen. Durch seine stabile, krümelige Struktur macht Humus schweren Boden lockerer, sodass Pflanzen besser in ihm wurzeln können. Weiterhin ist er ein wichtiger Wasserspeicher für die Pflanzen in trockeneren Phasen. Deshalb steht für unseren Heilpflanzengarten wie auch unseren Bauernhof – den Sonnenhof – ein gesunder Boden von Anfang an im Mittelpunkt. Beide werden nach Demeter-Richtlinien, für die ein gesunder Boden von zentraler Bedeutung ist, bewirtschaftet. Um die besten Ausgangsstoffe für unsere Dr. Hauschka Naturkosmetik, unsere WALA Arzneimittel und das frische Biogemüse vom Feld zu erreichen, pflegen unsere Gärtner:innen und Landwirt:innen den Boden mit verschiedenen Komposten, Gründüngung und biodynamischen Präparaten.

In unserem Heilpflanzengarten und auf dem Sonnenhof dürfen die Komposte zwei Jahre reifen.
Foto: WALA
Nach den Demeter-Richtlinien bekommt unser Kompost eine schützende Wärmehülle aus einem Baldrianpräparat.
Foto: WALA

Eine Faszination: fruchtbarer Boden im Regenwald

Besondere Meister im Humusaufbau waren auch die Völker vergangener Jahrhunderte in Südamerika. Aus dieser Zeit stammt der fruchtbarste Boden der Erde: die Terra preta.

Terra preta ist der portugiesische Begriff für „Schwarze Erde“. Diese Erde, eine sehr humusreiche, wurde im Amazonasgebiet entdeckt. Gerald Dunst ist fasziniert: „Dort ist Humusaufbau über natürliche Prozesse nicht möglich. Saurer Boden, hohe Niederschläge, hohe Temperaturen und eine hohe Luftfeuchtigkeit verhindern das. Organisches Material, das auf den Boden fällt, wird sehr schnell ausgewaschen. Daher ist Ackerbau auf gerodetem Regenwaldboden nicht möglich. Innerhalb von zwei Jahre verödet der Boden und ist für den Anbau von Feldfrüchten und als Weidelandschaft unbrauchbar.“ 

Aber wie konnten Wissenschaftler:innen dann genau dort die fruchtbarsten Böden der Welt finden? Es stellte sich heraus, dass diese Erde von Menschenhand künstlich aufgebaut worden war. Das Geheimnis der Ureinwohner war, Reste aus der Holzkohleherstellung in die landwirtschaftlichen Flächen einzumischen. Dadurch wurde ein Boden geschaffen, der Nährstoffe speichern kann und gleichzeitig ein perfekter Lebensraum für die zum Humusaufbau so wichtige Mikrobiologie ist. So wurden die Böden der südamerikanischen Ureinwohner mit jedem Jahr fruchtbarer. Das ist für den Humusexperten Dunst eine der schönsten Botschaften überhaupt: „Es ist in Verbindung mit menschlicher Zivilisation möglich, die Böden fruchtbarer zu machen.“

Humus als Klimaretter

Auf die Frage, ob der Boden unser Klimaretter werden kann, hat Dunst eine klare Antwort: „Eindeutig ja.“ Selbst skeptische Wissenschaftler:innen diskutieren mittlerweile nicht mehr darüber, ob Humusaufbau einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, indem er CO2 bindet , sondern darüber, wie hoch dieser ist. Weil er eine große Kohlenstoffsenke darstellen kann, besteht eine wichtige Funktion des Bodens darin, unserer Atmosphäre CO2 zu entziehen. Durch die Photosynthese der Pflanzen wird Kohlenstoff in der Pflanzenmasse auf den Ackerflächen gebunden. Abgestorbene Pflanzenreste werden dann auf den Ackerflächen zu Humus verstoffwechselt und Kohlenstoff wird somit gespeichert. Nach Gerald Dunst ist der Aufbau von Humus außerdem eine wirkungsvolle Maßnahme gegen die bereits eingetretenen und stärker werdenden Folgen des Klimawandels: „Mit Extremwetterereignissen wie Starkregen und Dürreperioden kann ein Boden besser umgehen, je höher sein Humusanteil ist, da dieser das Wasser besser speichert.“ Der Boden wirkt also wie ein Schwamm.

Gerald Dunst ist Humusexperte und Geschäftsführer der Firma Sonnenerde in der österreichischen Steiermark.
Foto: Sonnenerde GmbH

Humusaufbau – auch im eigenen Garten

Der Humusgehalt ist vielerorts bereits auf zwei Prozent oder weniger gesunken. Vor allem dort, wo es sandige Böden gibt, liegt der Humusgehalt teilweise nur bei einem Prozent oder niedriger: „Das ist per Definition eigentlich schon Wüste. Es besteht dringender Handlungsbedarf.“ 

Die Vorteile von Humusaufbau sind dafür umso ermutigender: die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit, eine höhere Biodiversität, florierendes Bodenleben und eine gesteigerte Wasseraufnahmefähigkeit. Ein Wunderwerk der Natur sind hier Regenwürmer. Sie lockern den Boden auf und ermöglichen es, Wasser darin zu speichern. In einem Kubikmeter humusarmem Boden findet sich gerade einmal eine Handvoll Regenwürmer, während es in einem humosen Boden bis zu 600 sein können.

Humusreicher Boden ist ein Paradies für Regenwürmer. Ihre Gänge sind es, die auch als Wasserspeicher im Boden dienen.
Foto: Daniel Wagner

Um der Erosion der Böden – Bodenpartikel werden durch Wind oder Wasser abgetragen – entgegenzuwirken, können auch kleine Gärten einen Beitrag leisten. Dadurch, dass im Garten viel mehr organische Masse anfällt, als der Boden wirklich braucht, kann man hier ganz intensiv Humus aufbauen. „Weiterhin sollte ein Garten nicht immer sauber und klinisch rein gehalten werden. Die Natur darf ruhig etwas mehr Raum haben.“ Wichtig ist außerdem, den Boden gerade so viel zu bearbeiten, wie es fürs Säen oder Pflanzen notwendig ist. Und was für den Humusexperten am wichtigsten ist: „Ein Boden darf niemals das Sonnenlicht sehen“, denn an der Oberfläche stirbt die Biologie des Bodens durch die UV-Strahlung sofort ab und trocknet aus.