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Früchte fairer Arbeit

Das Hunzatal im Norden Pakistans ist vermutlich eine der abgelegensten Bergregionen der Erde. Der namensgebende Fluss wird von Gletscherwasser gespeist und bewässert die fruchtbaren Gärten und Plantagen.
Foto: Mountain Fruits Pvt. Limited

Wo sich mit Himalaya, Karakorum und Hindukusch die drei höchsten Gebirge der Welt treffen, leben – unterschiedlichen Schätzungen zufolge – zwischen 15.000 und 80.000 Menschen. Für viele von ihnen ist Landwirtschaft die Haupteinnahmequelle, in den schwer zugänglichen Hochgebirgstälern liegen weit verstreut zahlreiche kleine Farmbetriebe. Diese zu unterstützen und zu fördern ist Ziel der 2004 gegründeten Mountain Fruit Company (MFC). Als erstes Unternehmen in Pakistan kultiviert und verarbeitet sie Früchte und Nüsse und vermarktet diese nach Europa. Seit 2017 bezieht die WALA von der MFC Aprikosenkerne, deren Öl hautpflegende Eigenschaften besitzt.

Hohe Berge, lange Wege

Die MFC arbeitet mit kleinen Farmbetrieben rund um Gilgit, die größte Stadt im Hunzatal und Hauptstadt des Distrikts Gilgit-Baltistan. Das Hunzatal liegt im Schatten der höchsten Berge der Welt, der K2 mit seinen 8.611 Metern ist nur einer von ihnen. Der Bezirk ist Teil der Großregion Kaschmir, die seit Jahrzehnten von gewaltsamen Konflikten zwischen Indien, Pakistan und China geprägt ist. 

Nicht nur aufgrund der politischen Situation ist die Region sehr wenig entwickelt: Der einzige Landweg führt über den 1972 eröffneten Karakorum Highway – eine knapp 1.300 Kilometer lange Fernstraße, die China mit Pakistan verbindet und nur im Sommer befahrbar ist. Der Begriff „Highway“ muss für diese Route übrigens neu interpretiert werden. Hohe Geschwindigkeiten sind hier keinesfalls möglich. So ist die 500 Kilometer entfernte Landeshauptstadt Islamabad in rund 12 Stunden holpriger, halsbrecherischer Fahrt erreichbar. Dafür geht es teilweise hoch hinaus: Der höchste Punkt des Karakorum Highway befindet sich auf knapp 4.700 Metern am Khunjerab-Pass.

Unterhalb des imposanten Bergmassivs werden verschiedene Felder bewirtschaftet.
Foto: Mountain Fruits Pvt. Limited

Landwirtschaft mit Sonnenterassen und Gletscherwasser

Im Hunzatal sind die Lebensbedingungen rau und einfach: Landwirtschaft wird in einer Höhe von 1.300–2.500 Metern betrieben, die Bewässerung erfolgt mit Gletscherwasser aus den Bergen. Auf Terrassenflächen wachsen Weizen und verschiedene Gemüsearten wie Kartoffeln und Mais. Weltweit berühmt ist die Gegend aber vor allem für ihre Obstbäume, insbesondere die Aprikosen. Rund 50 verschiedene Sorten sind im Hunzatal zu finden: kleine und große, weiße, gelbe oder rote, bittere und süße, saftige und bissfeste.

Die kleinen Farmen bauen vor allem für den eigenen Bedarf an. Im Spätsommer trocknen riesige Mengen Aprikosen auf den Hausdächern in der Sonne. Ein Großteil der Ernte droht jedoch jedes Jahr zu verderben: weil der Marktzugang aus dem abgeschiedenen Hunzatal schwierig ist und es nicht genügend Transportmittel gibt, weil es an Kühlhäusern und Lagerhallen fehlt, und weil kaum Know-how bezüglich Konservierung und Verarbeitung der Früchte vorhanden ist. Ernten werden außerdem häufig über unzuverlässige Mittelsmänner vermarktet, so dass Wertschöpfung bei den kleinen Farmbetrieben kaum stattfindet.

Gemeinschaft wird in der kargen Region großgeschrieben.
Foto: Mountain Fruits Pvt. Limited

Fairen Handel fördern, Wertschöpfung steigern

Hier setzt die Idee von MFC an: Firmengründer und CEO Sher Ghazi will dazu beitragen, die Erzeugnisse besser zu verwerten und damit das Einkommen der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen zu erhöhen. „Gott hat uns saubere, natürlich geschützte Standorte für den Anbau von Bio-Lebensmitteln gegeben“, so Ghazi. „Aber leider werden sie als Schlachtfelder verwendet statt als Ackerflächen.“ 

Diesen Zustand will der Firmengründer ändern. Deshalb bietet das Unternehmen schon seit 2004 Schulungen in ökologischem Anbau an, vermittelt Spezialwissen im Obstanbau und berät bei der professionellen Weiterverarbeitung und Trocknung der Früchte. Alle Kurse und Schulungen bietet die MFC nach Geschlechtern getrennt an: Von insgesamt 65 Gruppen sind immerhin zehn reine Frauengruppen. Inzwischen gehören rund 1.600 Kleinbetriebe mit durchschnittlich zehn Bäumen zur Erzeugerorganisation, die Aprikosen und weitere Früchte an die MFC verkaufen. Alle diese Betriebe sind nach Kriterien des fairen Handels zertifiziert, zudem sind alle bio-zertifiziert. 

Grund zum Lachen: Die reichen Ernteerträge und das Engagement von MFC ermöglichen den Frauen ein eigenes Einkommen.
Foto: Mountain Fruits Pvt. Limited

Aprikosen bringen Frauen-Power

Im nördlichen Pakistan sind Frauen in der Öffentlichkeit präsenter als im Rest des Landes. Dennoch sind sie vor allem für die Hausarbeit zuständig oder arbeiten auf den Feldern. Auch hier macht die Mountain Fruit Company den Unterschied: In der Hauptsaison finden bis zu 150 Frauen eine saisonale Beschäftigung bei der Verarbeitung und Verpackung der Früchte und Nüsse.

Für viele Frauen ist der Job bei MFC die einzige Möglichkeit, einer Arbeit außer Haus nachzugehen und eigenes Geld zu verdienen. Dies ist mindestens so viel wert wie die Tatsache, dass die Mountain Fruit Company ihren Angestellten mehr als den gesetzlichen Mindestlohn bezahlt. Mithilfe der Prämien, die durch den fairen Handel erzielt werden, fördert die MFC den Erhalt der Dorfinfrastruktur. Gezielt unterstützt sie außerdem Projekte, die Frauen den Zugang zu Berufsschulen und damit zu Bildung ermöglichen. 

Mehr Bio, mehr Leben

Bei ihrer wichtigen Arbeit unter herausfordernden Bedingungen wollen wir die Mountain Fruit Company auch weiterhin unterstützen: für mehr Bio-Anbau und mehr Gleichberechtigung, für mehr Ackerflächen und weniger Schlachtfelder.